Der renommierte deutsche Hirnforscher Ernst Pöppel, emeritierter Vorstand des Medizinischen Instituts für Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, hat am 18.12.2010 in der NZZ ein Interview gegeben und dabei folgende Aussage getroffen:
«Das Gehirn ist wie ein Muskel. Es bleibt nur fit, wenn man es beständig trainiert. Wichtig ist allerdings, dass man etwas Sinnvolles lernt – etwas, das einen erfüllt. Auch sollte man sich nicht zu hohe Ziele stecken. Denn Erfolgserlebnisse sind für den Lernprozess von grosser Bedeutung.»
Ein Nachhilfelehrer ist demnach also eigentlich nichts anderes als ein «personal trainer» fürs Gehirn. Er analysiert laufend die Situation, plant die weiteren Schritte, wählt die geeigneten Trainingsmethoden und ermutigt den Lernenden, seine bisherigen Leistungen zu überbieten und neue Wege auszuprobieren. In einer Zeit der multimedialen Informationsüberflutung bekommt diese Art der Eins-zu-eins-Betreuung einen immer höheren Stellenwert. Selbstgesteuertes Lernen kann vor allem bei Jugendlichen zu einer massiven Überforderung führen.
Die gründliche Korrekturarbeit des Lehrers ist der entscheidende Faktor. Er muss Fehler und Fehlüberlegungen der Lernenden finden und verstehen. Denn gelingt es nicht, direkt an die Gedankengänge der Schülerin oder des Schülers anzuknüpfen, wird es kaum möglich sein, nachhaltige Lernprozesse auszulösen.
Die Selbstkorrektur ist vor allem für Jugendliche denkbar ungeeignet. In der Pubertät haben Schüler aufgrund ihrer Hirnentwicklung grosse Mühe, Unterschiede zu erkennen, wie neuste wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Neurologie belegen. Der Unterschied zwischen 1 und -1 wird beispielsweise beim Korrigieren leicht überlesen.
Beim Training von Gehirn und Muskeln gelten dieselben Gesetze: Es braucht ein individuelles Trainingsprogramm, einen professionellen Trainer und eine schnelle Fehlerkorrektur.