Dienstag, 22. November 2011

Die Lehrstellensuche erfolgreich meistern

Im «Anzeiger» aus dem Bezirk Affoltern vom 15.11.2011 hat Jürg Büchi vom Lehrstellenforum wertvolle Hinweise zum Thema Lehrstellensuche aufgeführt. Im Folgenden möchte ich kurz auf einige wesentliche Punkte eingehen.

Der Schritt von der Schule in die Arbeitswelt ist gross. Schülerinnen und Schüler haben kaum eine Idee, wie diese Welt aussieht – woher auch?

Aus ihrer Schulzeit sollten die Jugendlichen der 2. Sekundarklassen wissen, wie es um ihre persönlichen Fähigkeiten steht. Fragen wie «Arbeite ich lieber im Team oder eher alleine?», «Mag ich sprachliche oder lieber naturwissenschaftliche Inhalte?», «Liegen meine Stärken im Detail oder bin ich eher eine Person fürs Grobe?» und dergleichen sollten sie jetzt für sich beantworten können. Kurz: Die Schulzeit muss den Jugendlichen aufzeigen, wo ihre Stärken und Vorlieben liegen. Nur wenn sie an diese anknüpfen können, werden sie erfolgreich in die Arbeitswelt eintauchen können!

Die Infos zum Zieljob müssen sich die Schülerinnen und Schüler aktiv beschaffen. Je besser sie diese Aufgabe meistern, desto präziser können sie das Anschreiben formulieren und desto treffender werden sie am Bewerbungsgespräch die Fragen beantworten können. Die Chance, die gewünschte Lehrstelle zu erhalten, steigt so erheblich (und im Gegenzug sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Lehrabbruchs).
Zu Informationszwecken stehen den Jugendlichen verschiedene Quellen zur Verfügung. Neben dem BIZ sind dies zum Beispiel die Kompetenzprofile des kantonalen Gewerbeverbandes, die Jobskills, die Berufsbilder von mySchool (von SF1), spezifische Firmenwebsites, die Teilnahme am Berufsinfotag des Knonauer Amts oder der Besuch der Berufsmesse Zürich. Die Befragung von Lehrlingen ist meiner Meinung nach eine der besten Informationsquellen überhaupt. Zudem können persönliche Kontakte bei der Bewerbung sehr hilfreich sein.

Jeder hat Schwächen. Entscheidend ist, wie man mit diesen umgeht. Im oben erwähnten Zeitungsartikel trifft Herr Büchi dazu folgende Aussage: «Jetzt haben die Jugendlichen noch Zeit, Defizite auszumerzen, Lücken zu füllen und eine Verbesserung im Zeugnis sichtbar zu machen.» Wird eine Verbesserung sichtbar, zeigt der Jugendliche damit, dass er Probleme anpackt und sie erfolgreich bewältigen kann. Eine ganz wesentliche Charaktereigenschaft, die im Bewerbungsprozess äusserst hilfreich ist!
Nur: Das ist leichter gesagt als getan. Die Umsetzung des Vorhabens ist in der Regel anspruchsvoll, denn für die erwünschte Leistungssteigerung bleibt nur wenig Zeit. Ohne professionelle, zielgerichtete Unterstützung sind die Betroffenen häufig auf verlorenem Posten. Defizite müssen rasch und pragmatisch erkannt und systematisch aufgearbeitet werden. Idealerweise werden die Jugendlichen in dieser Phase eng begleitet.

Im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit als Lernpilot (Nachhilfe-, Stütz- bzw. Förderlehrer) weiss ich aus Erfahrung, wie wirksam eine solche Unterstützung sein kann. Gut messbar wird sie zum Beispiel bei der Vorbereitung auf den Multicheck oder basic-check. Oft kommen Jugendliche zu mir, die in der ersten Testrunde schlecht abgeschnitten haben. Mit einer zielgerichteten Vorbereitung auf den zweiten Versuch kann das Resultat mit wenigen Trainingslektionen ganz erheblich gesteigert werden (Ein Merkblatt der Berufsmesse Zürich weist ebenfalls auf die Wichtigkeit einer Vorbereitung hin). Das Erbringen einer besseren Leistung ermöglicht es dem Bewerber, dem Lehrbetrieb die gemachten Anstrengungen glaubhaft darzulegen.

Weitere informative Links im Zusammenhang mit der Lehrstellensuche:  

Für weitere Links bin ich dankbar.

Freitag, 11. November 2011

Die Intelligenz ist nicht stabil

Die Unterscheidung zwischen intellektuellen Fähigkeiten und Intelligenz ist nach wie vor gang und gäbe. Dies wird mir im Gedankenaustausch mit Familienangehörigen, Freunden und Lehrerkollegen immer wieder bewusst.
Dass sich die intellektuellen Fähigkeiten bei Jugendlichen verändern können, ist unbestritten. Bei der Intelligenz jedoch scheint die Meinung vorzu­herrschen, dass diese stabil sei und ein Leben lang gleich bleibe. In diesem Fall würde sie sozusagen die unveränderbare geistige Basis jedes Menschen bilden. Eine in «Nature» vom 19. Oktober 2011 publizierte Online-Publikation stellt nun jedoch diesen alten Leitsatz in Frage und bestätigt damit meine praktischen Erfahrungen (siehe ältere Blogs).
Die Wandelbarkeit des Intelligenzquotienten (IQ) ist gemäss dieser Untersuchung sehr wahrscheinlich. Das wiederum ist eine Erkenntnis, die uns Erwachsene mehr denn je in die Pflicht nimmt. Die Intelligenz unserer Nachkommen steht in einem direkten Zusammenhang damit, wie die Kinder gefördert werden oder eben nicht. Gemäss der Studie kann sich der IQ je nach Umfeld in beide Richtungen erheblich verändern!
Die Volksschule leistet zweifellos einen wesentlichen Beitrag. Ebenso wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger ist jedoch die Gestaltung der unterrichtsfreien Zeit. Rechnen Sie einmal durch, wie viele Stunden der Wachzeit sich Ihre Kinder nicht im schulischen Umfeld bewegen (Ferien, Wochenenden, freie Nachmittage, Feiertage etc.). In dieser vielen Zeit liegt ein enormes Potenzial! Die Eltern sollten einen Teil dieser Zeit für ihre Kinder aktiv gestalten. Nicht nur, aber auch.
Als zweifacher Vater weiss ich, wie anspruchsvoll und zeitaufwändig diese Aufgabe ist. Deshalb ist es für mich legitim, wenn sich Eltern mindestens teilweise für eine externe Betreuung durch Profis entscheiden, die wissen, wie zielgerichtet und motivierend gefördert wird. Ich freue mich, dass ich für so viele Kinder und Jugendliche im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit als Lernpilot beigezogen werde und diese Aufgabe übernehmen darf. Denn was gibt es Schöneres, als an der erfolgreichen Entwicklung heranwachsender Menschen teilhaben zu können?

Sonntag, 7. August 2011

Selbstgesteuertes Lernen – für viele Kinder ein Problem!

Am 21. Oktober 2009 erschien in der NZZ-Onlineausgabe ein Artikel mit dem Titel «Selbstgesteuertes Lernen als neues Evangelium». Der Artikel wurde von Dr. Roger Scharpf verfasst.

Auf eine Aussage möchte ich im Folgenden besonders eingehen. Sie weist auf einen weit verbreiteten Irrtum hin: «Viele gehen davon aus, dass selbstgesteuert automatisch auch individualisiert bedeutet.»

Eltern wünschen sich, verständlicherweise, eine möglichst individuelle Betreuung für ihre Kinder in der Schule. Die Reaktion der Erziehungswissenschaft bzw. der Bildungspolitik auf diese Forderung ist unter anderem die Implementierung des selbstgesteuerten Lernens in der Volksschule. Es wird heute mit Lernplänen im Lernatelier gearbeitet. Beim Erarbeiten der Inhalte und bei der Korrektur zählt man massgeblich auf die Eigenverantwortung der Kinder.

Gerade in der Oberstufe erschwert aber die Pubertät das selbstgesteuerte Arbeiten zusätzlich. Aktuelle neurologische Erkenntnisse belegen, dass Pubertierende u.a. Mühe mit dem Planen und dem Erkennen von Unterschieden haben. Beides spricht, zumindest während dieser Lebensphase, gegen Lernplan und Selbstkorrektur. Es ist gut möglich, dass sich die zeitgenössische Pädagogik zu stark am erwachsenen, ausgereiften Gehirn orientiert.

Folgende Erfahrung stützt diese Erkenntnis: Heute kommen zunehmend Schüler zu mir in den Unterricht, die nicht mehr nur Wissenslücken aufweisen, sondern sich auch falsche Sachverhalte angeeignet und antrainiert haben. Sie haben sich offenbar selbständig eines Inhalts angenommen und diesen falsch interpretiert. Niemand hat die Fehlüberlegung erkannt bzw. korrigiert. Erst bei der Prüfung wird der Missstand dann aufgedeckt. Leider ist es dann für eine notenrelevante Korrektur zu spät.

Die Unterrichtsmethodik ist meiner Ansicht nach so oder so nicht der entscheidende Faktor für den Grad der Individualisierung. Vielmehr spielen Klassengrösse und die Bereitschaft der Lehrer zur kontinuierlichen Korrektur der Schülerarbeiten eine Rolle. Denn nur wer die Arbeiten seiner Schüler jederzeit genau kennt, kann auch individuell unterstützen.

Ein gewisser Prozentsatz der Kinder profitiert stark vom selbstgesteuerten Lernen. Vermutlich ist es aber eine Minderheit und wahrscheinlich gehören zu dieser Gruppe eher Mädchen. Viele Knaben brauchen erfahrungsgemäss klare, überschaubare Ziele, auf welche eine möglichst unmittelbare Rückmeldung erfolgt.

Für mich ergibt sich folgendes Resümee: Eine grosse Gruppe von Schülern kommt mit dem selbstgesteuerten Lernen nicht klar. Glücklicherweise fassen sie bei einem Methodenwechsel oft rasch wieder Fuss und legen dann wieder solide Leistung an den Tag. Voraussetzung dazu ist aber, dass Schüler, Eltern oder Lehrer das Problem vor einem nächsten Laufbahnschritt erkennen. Leider werden Leistungsdefizite oft erst im Zusammenhang mit einer Aufnahmeprüfung oder einem externen Leistungstest, z.B. bei der Lehrstellensuche gegen Ende der Schulzeit, konstatiert. Für Eltern lohnt es sich also, stets ein wachsames Auge auf die schulischen Leistungen ihrer Kinder zu werfen.

Freitag, 4. März 2011

Warum muss ich das lernen?

«Warum muss ich das lernen?» – Das ist eine berechtigte und intelligente Frage! Vor allem pragmatische Schülerinnen und Schüler brauchen darauf eine überzeugende Antwort.

In der Sendung «Club» des Schweizer Fernsehens vom 15.2.2011 wurde diese Frage von Moderator Röbi Koller ebenfalls aufgeworfen. Dr. Remo Largo ist der Meinung, dass bezüglich der Frage, was Bildung sei, in unserer Gesellschaft eine gewisse Verwirrung herrscht. Ich teile diese Einschätzung. Intelligente Kinder registrieren diese Unsicherheit. Im Extremfall füllen sie die Lücke und beginnen, ihr Lernumfeld aktiv nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Dies geschieht nicht immer so, wie wir Erwachsenen uns das wünschen.

Meine Arbeit mit einem Grossteil von Jugendlichen beginnt mit der Klärung dieser wichtigen Frage nach dem Warum: ein zentraler Schritt! Ohne erfolgreiche Bewältigung dieser ersten Phase kann effizientes Lernen erfahrungsgemäss nicht stattfinden. Begründungen aus inhaltlicher Sicht reichen häufig nicht aus. Eine Argumentation von einem neurologischen Standpunkt aus ist als Ergänzung ebenfalls hilfreich.

Die wichtigsten Argumente aber liefern mir meine reichhaltigen Erfahrungen aus der Privatwirtschaft. Die mehrjährige Tätigkeit als Resource Manager bei einem führenden Finanzdienstleister schärfte meinen Blick für wesentliche Fähigkeiten, die ein junger Arbeitnehmer heute mitbringen sollte, um in der Arbeitswelt erfolgreich bestehen zu können.

Erziehende und Lehrende können gegenüber Jugendlichen nur dann verbindlich auftreten, wenn sie selber klare Vorstellungen über wichtige Inhalte und Werte haben. Nur dann wirken sie auch auf kritische Lernende authentisch.

Mittwoch, 16. Februar 2011

«Das Gehirn ist wie ein Muskel»

Der renommierte deutsche Hirnforscher Ernst Pöppel, emeritierter Vorstand des Medizinischen Instituts für Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, hat am 18.12.2010 in der NZZ ein Interview gegeben und dabei folgende Aussage getroffen:

«Das Gehirn ist wie ein Muskel. Es bleibt nur fit, wenn man es beständig trainiert. Wichtig ist allerdings, dass man etwas Sinnvolles lernt – etwas, das einen erfüllt. Auch sollte man sich nicht zu hohe Ziele stecken. Denn Erfolgserlebnisse sind für den Lernprozess von grosser Bedeutung.»

Ein Nachhilfelehrer ist demnach also eigentlich nichts anderes als ein «personal trainer» fürs Gehirn. Er analysiert laufend die Situation, plant die weiteren Schritte, wählt die geeigneten Trainingsmethoden und ermutigt den Lernenden, seine bisherigen Leistungen zu überbieten und neue Wege auszuprobieren. In einer Zeit der multimedialen Informationsüberflutung bekommt diese Art der Eins-zu-eins-Betreuung einen immer höheren Stellenwert. Selbstgesteuertes Lernen kann vor allem bei Jugendlichen zu einer massiven Überforderung führen.

Die gründliche Korrekturarbeit des Lehrers ist der entscheidende Faktor. Er muss Fehler und Fehlüberlegungen der Lernenden finden und verstehen. Denn gelingt es nicht, direkt an die Gedankengänge der Schülerin oder des Schülers anzuknüpfen, wird es kaum möglich sein, nachhaltige Lernprozesse auszulösen.

Die Selbstkorrektur ist vor allem für Jugendliche denkbar ungeeignet. In der Pubertät haben Schüler aufgrund ihrer Hirnentwicklung grosse Mühe, Unterschiede zu erkennen, wie neuste wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Neurologie belegen. Der Unterschied zwischen 1 und -1 wird beispielsweise beim Korrigieren leicht überlesen.

Beim Training von Gehirn und Muskeln gelten dieselben Gesetze: Es braucht ein individuelles Trainingsprogramm, einen professionellen Trainer und eine schnelle Fehlerkorrektur.